Starke Luftbewegung: Selbsthilfegruppe Lungensport
© AG Lungensport in Deutschland e.V.
Starke Luftbewegung
Mit Bohnensäckchen und anderem Sportgerät kämpft die Abteilung Lungensport im Verein für Sport und Gesundheit (VSG) e.V. Wiesbaden gegen Atemwegserkrankungen. Eine Disziplin, in der die wichtigste Regel lautet: Wer mitmacht, hat schon gewonnen.
Arme kreisen, Schultern recken und senken sich, und ein rhythmisches Schnauben füllt die Turnhalle der Theodor-Fliedner-Schule, in der sich Wiesbadens wohl langsamste Läuferriege montags ab 18 Uhr zum Training trifft. Bestzeiten der meisten Lungensportlerinnen und -sportler, die Atem- und Dehnübungen als Warm-up absolvieren, liegen zwischen fünf und sechs Minuten für 300 Meter, eine Strecke, die Weltklasseathleten in weniger als 31 Sekunden schaffen. „Doch uns gelingt etwas, das mindestens genauso schwierig ist wie internationale Rekorde aufzustellen, wir durchbrechen Teufelskreise und Abwärtsspiralen“, sagt Lothar Wern, 77 (Foto).
Vor mehr als 15 Jahren hat der ehemalige Großkundenbetreuer einer Gefriertechnik- und Kältemittelfirma die Abteilung Lungensport im Verein für Sport und Gesundheit (VSG) e.V. Wiesbaden gegründet und leitet sie bis heute. In das kritische und bei Atemwegspatienten verbreitete Verhaltensmuster, gegen das die 15 Frauen und Männer antrainieren, ist er mit Anfang 30 geraten, nach der Diagnose Asthma: „Ich fürchtete mich vor Anfällen und war dazu schnell außer Atem, also habe ich mich so wenig wie möglich bewegt, mit dem Ergebnis, dass ich immer schwächer wurde, die Anfälle sich häuften und ich schon bei der geringsten Anstrengung ins Keuchen kam.“
„Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen.“ (Hermann Hesse)
„Die Leistungsfähigkeit wird sich verbessern, die Lebensqualität sich erhöhen und die Zahl der akuten Anfälle wird sinken“, verspricht die Broschüre der Lungensportinitiative, die bei allen Lungenfachärzten der Stadt in den Wartezimmern ausliegt. Es ist erwiesen, dass körperliche Fitness einen positiven Einfluss auf den Verlauf von Asthma, COPD und anderen chronischen Atemwegserkrankungen haben kann. Patienten können das wöchentliche 90-Minuten-Training von ihrem Arzt verordnet bekommen, die Verordnung ist die Voraussetzung für die Teilnahme. Die Beiträge tragen die Krankenkassen.
„Gebeugt erst, zeigt der Bogen seine Kraft“ (Franz Grillparzer)
„Es ist wichtig, dass die Teilnehmer ihre Fähigkeiten und ihre Grenzen kennenlernen, sich nicht über- aber auch nicht unterfordern, und dass sie wissen, wie sie sich selbst helfen können“, sagt Lothar Wern, der mit 63 Jahren den Übungsleiterschein gemacht hat und bis vor wenigen Jahren Lungensportler trainiert hat: „Unser Sport stärkt nicht nur den Körper, er baut auch Ängste ab und stärkt das Selbstbewusstsein.“
Weitere Übungen im Verlauf der Trainingseinheit fördern die Geschicklichkeit und Koordination, kräftigen Muskeln und stärken die soziale Einbindung: „Wir bilden zum Beispiel Teams, die gegeneinander Ball spielen“, sagt Lothar Wern. „Nicht wenige Teilnehmer kommen auch wegen der Geselligkeit und dem Spaß.“ Seine Erfahrung mit der Leistungssteigerung: „Bei den ersten Malen schafft kaum jemand die 90 Minuten ohne Pause. Aber ich kenne niemanden, der Ausdauer und Allgemeinbefinden nicht innerhalb der ersten Monate verbessert hat.“
Viermal pro Jahr absolvieren die Sportler einen sogenannten Gehtest, bei dem nicht nur Strecke und Zeit, sondern auch medizinische Werte wie Sauerstoffsättigung, Puls und Blutdruck gemessen werden. „Zu sehen, wie man von Mal zu Mal besser wird, ist ein unglaubliches Erfolgserlebnis“, sagt er.
Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe“ (Volksmund)
Corona hat keine großen Auswirkungen auf den Sportsgeist. Teilnehmer und Übungsleiter befolgen Hygieneregeln. Vor dem Betreten der Halle werden die Hände desinfiziert, es gelten ein Mindestabstand von zwei Metern, Partnerübungen entfallen, Umkleiden und Duschen bleiben geschlossen und von Fahrgemeinschaften wird abgeraten. Allerdings gibt es keine Pflicht, Behelfschutzmasken zu tragen, die das Atmen zusätzlich erschweren.
In den Sommerferien trainieren die Lungensportler im Freien, auf einer Wiese im Biebricher Schlosspark. Publikum, das Abstand hält, ist willkommen: „Und vielleicht erleichtert das Zuschauen einigen Erkrankten, die noch zögern, die Entscheidung, aktiv zu werden!“
6 gute Gründe für Lungensport
- Verbesserung der physischen und psychischen Belastbarkeit
- Erhöhung des Lungenvolumens
- Erhöhung und Erhalt der Knochendichte (Osteoporose-Vorbeugung)
- Steigerung des körperlichen Wohlbefindens
- Steigerung der Sauerstoffaufnahme und des -transports im Körper
- Steigerung und Erhalt der eigenen Lebensqualität
Mehr Infos und Termine:
Deutsche Patientenliga Atemwegserkrankungen e.V.Abteilung Lungensport im Verein für Sport und Gesundheit (VSG) e.V.
Tel. 06122 15254
wiesbaden.pat-liga.de
Die LUFTPOST, das Magazin der Deutschen Patientenliga Atemwegserkrankungen (DPLA) e.V. , erscheint viermal pro Jahr.
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pro Ausgabe 4,50 Euro, Jahresabonnement 10 Euro.