Schwangerschaftskonfliktberatung - Gesundheitskompass-Wiesbaden
donum vitae e. V.
©Logo und Fotos: donum vitae e.V.
Sicherer Hafen in Schierstein
Mehr als 200 staatlich anerkannte Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen von donum vitae e.V. gibt es in Deutschland, eine in Wiesbaden-Schierstein. Ursula Meller und Sabine Strunge beraten dort seit fast 20 Jahren Frauen, Männer und Paare zu Themen rund um Schwangerschaft, Partnerschaft und Sexualität.
Ich bin ungeplant schwanger, was nun?
Welche staatlichen Leistungen und Hilfen gibt es, und wo kann ich wann was beantragen?
Ist natürliche Verhütung ein geeignetes Mittel für mich, und wie genau funktioniert sie?
Ich habe Konflikte in der Partnerschaft, wie kann ich sie lösen?
Ich will mich trennen, aber wie kann ich mir das finanziell leisten?
Wir haben unser Kind durch eine Fehlgeburt verloren. Wie können wir mit unserer Trauer leben?
Wir haben uns entschieden, unser behindertes Kind auszutragen. Wo finden wir Hilfen nach der Geburt, welche Einrichtungen stehen uns offen?
Zu Ursula Meller (Foto li.) und Sabine Strunge (Foto re.), Beraterinnen bei bei donum vitae e.V. in Wiesbaden Schierstein kommen Frauen, Männer, Paare mit vielfältigen Fragen und Themen.
Es ist eine kleine Beratungsstelle mit 1,6 Fachpersonalstellen, verteilt auf die beiden Beraterinnen, eine Präventionsfachfrau und eine Honorarmitarbeiterin, die für sexuelle Bildung in Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen zuständig ist. Eröffnet hat donum vitae e.V. in Wiesbaden Schierstein 2003. Damals wurden 100 Erstberatungen pro Jahr durchgeführt, 2021 waren es 480. Die Anzahl ist Jahr um Jahr gestiegen.
Seit fast 20 Jahre arbeiten die Sozialpädagogin und die Sozialarbeiterin zusammen und bilden sich kontinuierlich weiter: „Wir ergänzen einander fachlich, sind perfekt eingespielt und Teil eines stetig wachsenden Netzwerks“, sagt Ursula Meller und erklärt: „Wenn wir an unsere Grenzen stoßen oder es passgenauere Angebote gibt, vermitteln wir weiter.“
Und die beiden Beraterinnen teilen eine Haltung: „Wir weisen niemanden ab und bieten zeitnah Gespräche an, vor Ort, telefonisch oder videobasiert.“
Rund ein Drittel der Frauen, die sich an donum vitae e.V. in Schierstein wenden, nehmen die verpflichtende Konfliktberatung wahr, die für einen möglichen Schwangerschaftsabbruch notwendig ist.
Die rechtliche Grundlage für staatliche anerkannte Beratungsstellen ist das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG). Paragraf fünf gibt vor, wie Gespräche zu führen seien: „ergebnisoffen und zielorientiert". Darüber hinaus gilt für die Beratung: „... Sie geht von der Verantwortung der Frau aus. Die Beratung soll ermutigen und Verständnis wecken, nicht belehren oder bevormunden.“
Weder die Anzahl der Schwangerschaftskonfliktberatungen noch der Erstberatungen zu anderen Themen sind in Schierstein während der Pandemie deutlich stärker angestiegen. Allerdings hat sich die Art und Weise der Beratungen durch Kontaktbeschränkungen verändert, auch zum Besseren: „Sie ist vielfältiger geworden", sagt Ursula Meller.
Die Beraterinnen können neue datenschutzgerechte telefonische (Foto) und digitale Formate anbieten. Und das donum-vitae-Modellprojekt HeLB (Helfen-Lotsen-Beraten), das vom vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, erprobt insbesondere neue Zugänge für schwer erreichbare und besonders vulnerable Zielgruppen; ein Schwerpunkt ist die Schwangerschaftsberatung im ländlichen Raum. Zum Haupteinzugsgebiet der Beratungsstelle Schierstein gehören, neben Wiesbaden, Gemeinden des Rheingau-Taunus-Kreises.
Auch das sogenannte Blended Counceling wird seit Beginn der Pandemie häufig genutzt, eine Mischung aus Gesprächen vor Ort „Face-to-Face", per Telefon und Online. Bei donum vitae in Schierstein zählt auch die „Hafenrunde“ dazu, ein Spaziergang am Rheinufer. Bei mäßigem Tempo dauert er etwa eine Stunde. Einer der Vorteile: „Ohne Masken ist die Kommunikation einfacher. Und vielen Menschen fällt es im Gehen leichter zu reden“, sagt Sabine Strunge.
Haben sich die Themen und das Klientel in fast 20 Jahren verändert? „Gesellschaftliche und rechtliche Veränderungen spiegeln sich auch in den Schwerpunkten der Beratungen wieder“, antwortet Sabine Meller.
Ein Beispiel sind Beratungen zur „Vertraulichen Geburt“. Diese Möglichkeit ist erst seit 2014 gesetzlich geregelt: Die Schwangere kann ihr Kind unter einem Pseudonym zur Welt bringen. Ihre Identität offenbart sie ausschließlich der Beraterin, und diese hinterlegt die Angaben für den Fall, dass das Kind sie später, ab dem 16 Jahr, einsehen will.
Das Statistische Bundesamt zählte für 2021 in Deutschland 99 948 Schwangerschaftsabbrüche, das entspricht 59 Abbrüchen pro 10 000 Frauen. 96,2 Prozent waren Abbrüche mit Beratungsregelung, die übrigen mit kriminologischen und medizinischen Indikationen für die keine Beratungspflicht gilt. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist hierzulande seit Jahren kontinuierlich rückläufig.
Die Gründe, die Frauen für einen möglichen Schwangerschaftsabbruch nennen, hätten sich über die Jahre nicht geändert, so die Erfahrung der Beraterinnen in Schierstein. Häufig genannt würden:
Ich fühle mich maximal belastet durch meine Arbeit, meine Kinder, meinen Alltag.
Ich bin zu alt.
Ich bin zu jung.
Meine Familienplanung ist abgeschlossen.
Ich möchte kein Kind.
Meine Ausbildung ist nicht abgeschlossen.
Unsere Beziehung hält kein weiteres Kind aus.
Ich bin alleinerziehend.Wir können es uns nicht leisten.
Mein Mann ist krank.
Ich bin krank.
Unsere Zukunft ist unsicher.
Meine vorherige Schwangerschaft war schwierig.
Die Geburt war traumatisch.
Und: „Die allermeisten Frauen, die zur Pflichtberatung zu uns kommen, haben sich bereits vor dem Gespräch entschieden“, so Ursula Meller.
donum vitae e.V. wurde 1999 von Mitgliedern des Zentralkomitees der deutschen Katholiken gegründet. Kirchliche Laien haben damit auf den Beschluss von Papst Johannes Paul II reagiert, die Konfliktberatung zum Schwangerschaftsabbruch einzustellen. „Geschenk des Lebens“ bedeutet der lateinische Name. Ein Dogma der Amtskirche, wie Einige es annehmen, bringt er jedoch nicht zum Ausdruck.
Das erklärte Ziel von donum vitae e.V lautet vielmehr: „Unsere Beratung ist kostenlos und vertraulich, auf Wunsch auch anonym. Sie steht allen Ratsuchenden offen – unabhängig von Nationalität, Konfession und sexueller Orientierung. Auf Wunsch stellen wir den Beratungsnachweis nach § 219 StGB, der die Voraussetzung für einen straffreien Schwangerschaftsabbruch bildet.“
donum vitae e.V. ist föderalistisch strukturiert. Die Kosten für die Beratungsstelle in Schierstein trägt zu 80 Prozent das Land Hessen. Die Landeshauptstadt Wiesbaden und der Rheingau-Taunus-Kreis bezahlen Zuschüsse. Auch Beiträge des Vereins, dessen Vorstand ehrenamtlich arbeitet, und Spenden tragen zur Finanzierung bei.
Die Beratungsräume sind barrierefrei in der ersten Etage des Sozialpädagogischen Zentrums am Rand des Schiersteiner Hafens. Auch die Stiftung IFB, „Inklusion durch Förderung und Betreuung“ hat ihren Sitz in dem Gebäude am Rand des Schiersteiner Hafens. Mit seinen Bullaugenfenstern, dem umlaufendem Balkongeländer und der oberen Etage, die als spitz zulaufenden Bug gestaltet ist, sieht es wie ein Schiff aus, das fest verankert Stürmen trotzen kann.
Adressen und Hilfen
Beratungsangebote von donum vitae e.V. sind staatlich anerkannt, kostenlos und stehen allen Menschen offen.
donum vitae e.V. Wiesbaden und Rheingau-Taunus-Kreis
Ehrengartstr. 15
65201 Wiesbaden
Tel. 0611 2056 806
Öffnungszeiten, Social-Media-Kanal und weitere Informationen
Adressen der und 200 Beratungsstellen in Deutschland, Geschichte und landesweite Projekte des Vereins unter donum vitae e.V. Deutschland
Informationen zu Schwangerschaftsberatungen, insbesondere für vulnerable Zielgruppen im ländlichen Raum unter donum vita HeLB
Termine und Informationen zur donum-vitae-Online Beratung
Über die Rechtslage und mögliche Kostenübernahmen eines Schwangerschaftsabbruchs informiert auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BmFSFJ)